Dychtau | Europa

Warten auf ein Formular

Nimmt man die nördliche Wasserscheide als Maßstab – was inzwischen zumeist getan wird – dann gehört ein Teil des Kaukasusgebirges zu Europa und die höchsten Berge liegen somit eben nicht in den Alpen, sondern weit im Osten des Kontinents. Keiner der Gipfel dort überragt den Elbrus, und ähnlich wie der Kilimandscharo in Afrika, so ist auch der Elbrus an vielen Tagen der Saison restlos übervölkert, zumal eine Seilbahn den Anstieg erheblich erleichtert.

Der Dychtau im Bezengi-Gebirgszug misst 5204 Meter Höhe und erweist sich bei näherer Betrachtung als ein wuchtiges und giftiges Gebilde aus Fels und Eis, 400 Höhenmeter niedriger als der Elbrus zwar, aber deutlich schwieriger. Ein anspruchsvoller Berg. Hans Kammerlander flog im Juni 2010 zusammen mit dem deutschen Bergführer und Kaukasus-Kenner Flory Kern in den Süden Russlands. Die beiden bestiegen während einer Wartezeit den Elbrus, weil zunächst keine Genehmigung für den Dychtau zu erhalten war. Als das entscheidende Formular schließlich doch noch ausgestellt wurde, eilten die beiden in das kleine Bergsteiger-Dorf Bezengi und ein paar Gehstunden weiter zum  Wandfuß des Dychtau.

Der Gipfel gelang am 14. Juni 2010 und die Besteigung erwies sich als überaus anstrengend, auch angesichts der Tatsache, dass die beiden Bergsteiger noch am selben Tag wieder bis in ihre Basis zurück kehrten. Kammerlanders Respekt galt danach vor allem den knappen Zeitangaben der russischen Bergsteiger. Flory Kern ließ es sich nach der Rückkehr nicht nehmen, in Bezengi eine moderige Fellmütze überzustülpen und eine Yeti-Vorstellung zu geben.

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